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Anders als „Die Mannschaft“ müssen die deutschen Fußballerinnen immer wieder um Aufmerksamkeit für ihren Sport kämpfen und Vorurteile überwinden. Die aktuelle Kampagne der Commerzbank sorgt im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft für Furore. Die Marktforscher von MediaAnalyzer haben in einer Studie die emotionalen Reaktionen auf den aktuellen Spot gemessen und herausgefunden, inwiefern das WM-Fieber geschürt wurde und welche Rolle dabei Pferdeschwänze spielten.

Die Voraussetzungen sind nicht die besten: Von den 925 Befragten der Studie gaben 49% an, sich kein WM-Spiel im Fernsehen anschauen zu wollen, 57% interessieren sich nicht für Frauenfußball. Nachdem die Teilnehmer jedoch den Commerzbank-Spot gesehen haben, stieg das Interesse von 19% auf 33%. Ein beachtliches Ergebnis für den Sport. Was aber bleibt unterm Strich für die Commerzbank? Zu dieser Frage gab es überraschende Erkenntnisse.

Schonungslose Wahrheit

Gleich zu Beginn hält der Spot den Zuschauern schonungslos den Spiegel der eigenen Ignoranz vor: „Weißt du eigentlich, wie ich heiße?“ Peinlich berührt fühlt sich der Zuschauer ertappt und quittiert dies mit einer deutlichen negativen emotionalen Reaktion. Sieht so ein guter Anfang aus, wenn man die Menschen für die WM begeistern will? „Aber ja doch, unbedingt“, sagt Marktforscher Andreas Böttcher. „Eine direkte und persönliche Ansprache, die eine starke emotionale Reaktion auslöst, zieht den Zuschauer in die Story hinein. Man wartet anschließend gebannt auf den nächsten Hammer.“ Und der kommt auch prompt: „Wir spielen für eine Nation, die unsere Namen nicht kennt.“ Ein starke Aussage, die einen ebenso starken positiven emotionalen Impuls auslöst.

Grimme-Preis oder Post vom Werberat?

Humorvoll geht es mit einem Kaffee-Service weiter bis der Kampf gegen Vorurteile thematisiert wird. Hier sinkt die emotionale Bewertung ab oder anders ausgedrückt: die Zuschauer fühlen mit. Es folgt die Provokation schlechthin: „Wir brauchen keine Eier – wir haben Pferdeschwänze“. Darauf reagieren Männer und Frauen sehr unterschiedlich. Der Clou ist, dass die Macher des Spots diese Reaktionen bereits in den Spot eingebaut haben. Das leicht entrüstete „Wie bitte?!?“ der Männer passt zur mäßigen Bewegung der Emotionskurve. Der spitze Aufschrei der Spielerinnen „Whaaat?!?“ verdeutlicht den starken positiven Impuls, den die Pferdeschwänze bei den Frauen auslösen. Nice!

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Ende nicht gut, alles nicht gut?

Kurz vor Schluss gibt sich schließlich die Commerzbank zu erkennen. Dies führt zu zwei dramatischen Einbrüchen in der emotionalen Bewertung, die Emotionskurve sinkt nahezu auf null. Auch in der anschließenden Befragung äußerten viele Teilnehmer, dass sie die Commerzbank als störend in dem Spot empfunden haben. Ist der Spot damit gescheitert? „Nein“, sagt Werbewirkungsexperte Dr. Steffen Egner. „Zwar ist die Verzahnung von Story und Marke in diesem Spot nicht optimal und die Emotionalität des Spots noch nicht kompatibel mit der Marke. Die eigentliche Wirkung wird sich jedoch in den nächsten Wochen während der WM entfalten.“

Denn je länger die deutsche Mannschaft im Turnier verbleibt, das öffentliche Interesse daran steigt und die Commerzbank weiter mit ihren Spots präsent ist, desto besser überträgt sich das positive Image des Frauenfußballs auf die Marke. Dieses Potenzial wird schon jetzt deutlich: Wer bereits offen für Frauenfußball ist oder durch den Spot dafür interessiert wird, bescheinigt dem Spot einen besseren Brand Fit und einen positiveren Einfluss auf die Marke Commerzbank als die Gegner des Sports (Brand Fit: 41% vs. 15%, positiver Einfluss auf die Marke: 38% vs. 11%).

Insofern ist die Commerzbank in dieser Kampagne nicht der viel umjubelte Torschütze. Das sind die DFB-Frauen und der Frauenfußball insgesamt. Sie ist jedoch der wichtige Vorlagengeber, der das Tor mit einer schönen Aktion überhaupt erst ermöglicht. Am Ende gewinnt eben nicht nur der Torschütze sondern das Team.